Das Thema Interessenkonflikte ist eine „never ending story“ mit unzähligen Verstrickungen. Auch wenn Verbandelungen mit der pharmazeutischen Industrie inzwischen zunehmend kritischer gesehen werden, fehlen dennoch nicht die Versuche, mögliche Probleme zu verschleiern.
Eine solche „Nebelgranate“ ist kürzlich im NEJM erschienen (mit dem Tenor: „alles nur Einzelfälle, kein grundsätzliches Problem, häufig verzerrte Wahrnehmung“). Allerdings wurde der Beitrag (dem noch weitere mit vermutlich ähnlicher Ausrichtung folgen sollen) auch bereits kritisch diskutiert: So weist Richard Lehmann in seinem BMJ Blog darauf hin, dass auch medizinische Fachzeitschriften häufig massive Interessenkonflikte habe, etwa durch den Verkauf von Reprints an die Herstellerfirmen. Ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang mit dem pharmafreundlichen NEJM-Artikel sieht. Die Diskussion um den NEJM-Beitrag setzte sich auf auf Twitter fort (etwa bei Ben Goldacre).
Aber noch ist nicht alles verloren 😉 Dazu trägt etwa der Aufruf von MEZIS, Transparency International und Neurology First bei, Interessenkonflikte bei der Erstellung von Leitlinien endlich stringenter anzugehen. Die Forderungen in Kurzform:
- Mindest 50% der Leitlinienautoren sollten keine oder nur geringe Interessenkonflikte haben.
- Es werden klare Kriterien für die Bewertung des Schweregrades von Interessenkonflikten und externe Beurteilung gebraucht.
- Experten mit Interessenkonflikten müssen sich bei der jeweiligen Abstimmung enthalten.
- Leitlinienentwurf soll durch Mitglieder der beteiligten Fachgesellschaften kommentiert werden können.
Lesenswert sind auch die Hintergrundinformationen zum Appell.
Auch bei der EMA ist das Thema Interessenkonflikte angekommen, nachdem es in der Vergangenheit vorgekommen ist, dass hochrangige Mitarbeiter bei Pharmafirmen angeheuert hatten. Entsprechende Richtlinien sind seit 2015 in Kraft, im Mai wurden die Regeln für künftige Pharmamitarbeiter noch einmal verschärft. Wieviel Verbesserung das tatsächlich bringt, bleibt abzuwarten.