Auf den ersten Blick scheint der Titel pure Effekthascherei zu sein. Dieser Eindruck bekommt aber erste Risse, wenn man den Autoren sieht: Peter Gøtzsche ist der Leiter des Nordischen Conchrane Zentrums. Und spätestens wenn man das Buch gelesen hat, ist man endgültig der Ansicht, dass der Titel nicht wesentlich übertrieben ist.
Peter Gøtzsche schildert an zahlreichen Beispielen, wie das Gesundheitssystem korrupt geworden ist. Und alle Verdächtigen sind wieder dabei: unveröffentlichte Studien, verschwiegene Nebenwirkungen, Druck und bewusste Fälschungen von Pharmaunternehmen, Interessenkonflikte von Ärzten und medizinischen Fachzeitschriften, Untätigkeit und Lobbyismus bei den Zulassungsbehörden.
Wer sich mit den Themen bereits auseinandergesetzt und auch „Bad Pharma“ von Ben Goldacre gelesen hat, ist von den Grundaussagen nicht überrascht. Peter Gøtzsche macht aber plausibel, dass es sich bei den angeführten Beispielen nicht um Einzelfälle, sondern um ein System handelt. Und dann liegt der Vergleich mit dem organisierten Verbrechen auch nahe.
Der Autor kennt das Geschehen nicht nur als unabhängiger Experte, sondern auch von innen, weil er vor einiger Zeit selbst in der Pharmaindustrie gearbeitet hat. Er belässt es nicht bei der Anklage, sondern macht auch Vorschläge, wie das System wieder gesunden kann. Ob diese Vorschläge tatsächlich mehrheitsfähig sind, wird sich zeigen.
Fazit: Absolut lesenswert. Auch wenn man sich wünscht, es wäre nur ein schlechter Gruselroman.
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