Zwei besonders lesenswerte Beiträge finden sich in der aktuellen Ausgabe von JAMA, die heute veröffentlicht wurde.
Im ersten Beitrag (1) diskutieren Djulbegovic und Guyatt die Frage, in welchen Fällen eine leitlinientreue Therapie die Patientenversorgung verbessert und wann nicht. Dabei dreht sich die Diskussion nicht nur um Vorwürfe wie „Einheitsmedizin“ und patientenindividuelle Faktoren wie Komorbiditäten, sondern die Autoren diskutieren auch kritisch die Fälle von starken Leitlinienempfehlungen, wenn die Bewertung der Evidenz höchstens eine schwache Empfehlung rechtfertigen würde.
Gerade in diesen Situationen spielen auch die Werte und Präferenzen des Patienten eine wichtige Rolle. Deshalb passt es auch sehr gut, dass sich die Autoren um Tammy Hoffmann im gleichen Heft mit der Verbindung zwischen evidenzbasierter Medizin (EbM) und Shared Decision Making (SDM) beschäftigen (2). Wie die Autoren in dem Beitrag zu recht konstatieren, beginnt und endet EbM jeweils mit dem Patienten. Und die beiden Prinzipien bedingen sich gegenseitig – immer mit dem Ziel, eine bestmögliche Versorgung des Patienten zu erreichen. Deshalb heißt es in dem Artikel auch folgerichtig:
Without SDM, EBM can turn into evidence tyranny. Without SDM, evidence may poorly translate into practice and improved outcomes.
Die Autoren rufen deshalb dazu auf, dass EbM und SDM noch näher als bisher zusammenrücken – ein gutes Übungsfeld sind etwa Leitlinien (und damit schließt sich der Kreis wieder).
Erste Ansätze dazu gibt es bereits: So findet die jährliche Konferenz der International Society for Evidence Based Health Care in 2015 gemeinsam mit der Tagung der International Shared Decision Making Group statt (Konferenz-Website). Und in der jüngst vorgestellten (Konsultations-)Fassung der Nationalen Versorgungsleitlinie KHK – Modul Revaskularisationstherapie ist erstmals vorgesehen, dass an den wesentlichen Punkten Entscheidungshilfen für Patienten bei der medizinischen Entscheidungsfindung zum Einsatz kommen.
(1) JAMA. 2014;312(13):1293-1294. doi:10.1001/jama.2014.10713
(2) JAMA. 2014;312(13):1295-1296. doi:10.1001/jama.2014.10186