Wir schreiben das Jahr 2019. Die evidenzbasierte Medizin hat ihren Siegeszug durch die Gesundheitsversorgung angetreten und so gut wie alle Patientinnen und Patienten erhalten nur Behandlungen und diagnostische Maßnahmen, die ihnen nachgewiesenermaßen mehr nützen als schaden …
Schön wär’s. Die letzte Zeit hat leider mal wieder demonstriert, wie weit wir eigentlich von einer evidenzbasierten Gesundheitsversorgung entfernt sind. Und daran haben auch die medizinischen Fachgesellschaften ihren Anteil. Ein paar Beispiele gefällig, die heute morgen auf Twitter zusammengetragen wurden?
Werner Bartens zeigt in der Süddeutschen ein wiederkehrendes Motiv beim Berufsverband der Frauenärzte auf.
Sehr hübsch auch, wie eine negative Studie zur Schulter-Arthroskopie kleingeredet wird. Man achte besonders auf den Nachsatz „We don’t believe in evidence-based medicine“. Wer erklärt den Fachgesellschaften nochmal den Unterschied zwischen Glaubenssätzen und wissenschaftlichen Belegen?
Aber dieses Prinzip ist ja auch schon von der ORBITA-Studie bekannt, die selbstverständlich überhaupt keine Relevanz für die neuen ESC-Guideline hatte. John Mandrola schaut mal genauer hin.
Das gleiche gilt übrigens nicht nur für Therapien, sondern auch für Diagnostik. Ein bezeichnendes Beispiel hat GPSP im aktuellen Heft aufgespießt.
Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um hier ein Muster zu erkennen: Studien, die den eigenen Glaubenssätzen oder profitablen Praktiken widersprechen, werden schlecht geredet. Die Argumente sind dabei so fadenscheinig, dass man nicht lange nachforschen muss, um sie zu widerlegen.
Wer kann dann noch glauben, dass Patient*innen zu diesen Praktiken tatsächlich eine wahrheitsgemäße Aufklärung erhalten?