Aus gutem Grund gelten systematische Reviews als die beste Lösung, sich rasch einen fundierten Überblick über eine konkrete klinische Fragestellung zu verschaffen. Oft geht es dabei um die Effekte von therapeutischen Interventionen und meistens um die Frage nach dem Nutzen. Genauso wichtig ist aber der kritische Blick auf mögliche unerwünschte Effekte, sprich Nebenwirkungen. Denn nur im Vergleich von erwünschten und unerwünschten Auswirkungen einer Therapie lassen sich tatsächlich informierte Entscheidungen treffen.
Genau an dem Punkt Nebenwirkungen hapert es aber oft, gerade bei systematischen Reviews. Das zeigt eine Untersuchung, die im Dezember im J Clin Epidemiol vorab veröffentlicht wurde. Ein Autorenteam um Su Golder hat sich diejenigen Übersichtsarbeiten genauer angesehen, die über therapeutische Interventionen berichten und als primären oder sekundären Endpunkt (spezifische) Nebenwirkungen aufführen. Ausgesiebt wurden diese Arbeiten aus dem Register PROSPERO, das Protokolle für systematische Reviews enthält, und die Analyse beschränkte sich aus Aktualitätsgründen auf die Protokolle, von denen ausgehend 2017 und 2018 Reviews publiziert wurden.
Insgesamt haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 146 systematische Reviews analysiert, die diesen Kriterien entsprachen. Bei 65% davon stimmten die Auswertungen zwischen Protokoll und veröffentlichtem Review überein, bei 35% gab es zumindest teilweise Diskrepanzen. Auch beachtenswert: Nur insgesamt 38% aller gescreenten Protokolle beschäftigten sich überhaupt mit Nebenwirkungen.
Journal of Clinical Epidemiology 108 (2019) 95-101