Angaben zu Nebenwirkungen sind schon lange ein Sorgenkind in der Berichterstattung über klinische Studien. Am Beispiel Orlistat hat ein Autorenteam untersucht, wie sich Studienprotokolle, Studienberichte (clinical study reports, CSR) und Publikationen im Hinblick auf die berichteten unerwünschten Wirkungen unterscheiden. Dazu verglichen die Autoren sieben CSR inklusive Protokolle, die sie mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes von der EMA erhalten hatten, mit den publizierten Berichten über die Studien. Dabei fanden sie erhebliche Unregelmäßigkeiten, die das Vertrauen in die Erkenntnissicherheit zu Nebenwirkungen doch deutlich erschüttern:
- Weder in den Protokollen noch den CSR gab es detaillierte Anweisungen, wie die Forscher die Probanden nach Nebenwirkungen befragen sollten.
- Nebenwirkungen wurden nur erfasst, wenn die Probanden sie als „störend“ klassifizierten.
- Maximal ein Drittel der Nebenwirkungen in den CSR fanden sich in den publizierten Berichten wieder, bei manchen Studien sogar nur drei Prozent.
- Mehrfach aufgetretene Nebenwirkungen beim gleichen Probanden wurden nur einmal gezählt.
Die Autoren kamen zu der Schlussfolgerung, dass in dem untersuchten Fall die Berichterstattung das Nebenwirkungsrisiko deutlich unterschätzt. Deshalb schlagen sie auch vor, dass systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen zu Nebenwirkungen sich nicht auf die publizierten Daten verlassen, sondern zusätzlich CSR und individuelle Patientendaten in die Auswertung mit einbeziehen sollen.
Schroll JB, Penninga EI, Gøtzsche PC (2016) Assessment of Adverse Events in Protocols, Clinical Study Reports, and Published Papers of Trials of Orlistat: A Document Analysis. PLoS Med 13(8): e1002101. doi:10.1371/journal.pmed.1002101