Wir brauchen neue Kriterien für die Bewertung von Medikamenten, die gegen Typ-2-Diabetes eingesetzt werden – das ist das Fazit eines Beitrags im BMJ, der sich kritisch mit den Zulassungskriterien auseinander setzt. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Senkung des Blutzuckerspiegels kein verlässlicher Prädiktor für die Senkung des kardiovaskulären Risikos bei Typ-2-Diabetes ist – und kardiovaskuläre Ereignisse gehören zu den wichtigsten Morbiditäts- und Mortalitätsursachen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Gleichzeitig fehlen auch bisher für viele Antidiabetika Studien mit kardiovaskulären Endpunkten. In der Vergangenheit haben einige antidiabetische Wirkstoffe das kardiovaskuläre Risiko sogar erhöht, obwohl sie den Blutzucker senken konnten. Der Beitrag von Statinen und Antihypertonika auf die Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen ist deutlich stärker als der von Antidiabetika. Gerade bei älteren Patienten kann eine zu strenge Blutzuckereinstellung zu Hypoglykämien führen, die eine Krankenhauseinweisung nach sich ziehen. Die Zulassungsbehörden akzeptieren dennoch die Senkung des Blutzuckerspiegels als Surrogatparameter.
Die Autoren des BMJ-Beitrags stellen zwei grundlegende Ansätze vor, um die Situation zu verbessern:
- Die Zulassungsbehörden sollten die Standards für die Zulassungsstudien anheben. Benötigt werden langfristige Studien mit patientenrelevanten Endpunkten, die auch den typischen multimorbiden Patienten einschließen, der typischerweise im Versorgungsalltag mit den Medikamenten behandelt wird. Sinnvoll wäre für diese Studien ein pragmatischer Ansatz. Auch sollten in diesen Studien die neuen Medikamente konsequent gegen die Standard-Therapieoptionen getestet werden, damit Daten zur vergleichenden Wirksamkeit vorhanden sind. Auch Daten zum möglichen Schaden der Arzneitherapie müssen konsequent vor der Zulassung erhoben und berichtet werden. Das gilt besonders für die kardiovaskuläre Sicherheit.
- Auch die HTA-Agenturen (wie in Deutschland das IQWiG) sollten ihre Standards anheben. Diese Bewertungen sind besonders eingeschränkt, wenn Daten zum langfristigen Nutzen und Schaden fehlen. Besonders wichtig ist es auch hier, dass patientenrelevante Endpunkte erhoben werden und Daten aus Studien und der Versorgung aus der Zeit nach der Zulassung mit in die Bewertung einfließen. Interessant ist auch der Vorschlag, bei fehlenden Daten zum Zeitpunkt der Zulassung Arzneimittel für den Einsatz in breiter angelegten Studien zuzulassen, so dass dann auf der Versorgungsebene eine Randomisierung der Patienten erfolgt. Informationen zu Langzeitergebnissen könnten dann aus den in der Praxis erhobenen Daten abgeleitet werden.
BMJ 2015;351:h5260